Alles in die Cloud

Neulich sitze ich mit einem Kumpel im Kino und es läuft ein Werbespot für die Microsoft Cloud. Kurz danach stellt er mir eine Frage über die sich Marketingexperten mal Gedanken machen sollten: »Du, was soll das eigentlich sein, die Cloud?«

Seit gut zwei Jahren ist dieses Schlagwort in aller Computer Munde. Man geht einfach einmal davon aus, dass jeder weiß was mit der Cloud gemeint ist. Leider können sehr viele Menschen mit diesen englischen Begriffen wenig anfangen. Wenn es dann noch um Computertechnik geht, ist bei vielen Ältern direkt Schluss.

Was ist denn nun die Cloud?

Cloud kommt aus dem englischen und heißt übersetzt einfach nur »Wolke«. In einer grafischen Darstellung in welcher das Internet als Übertragungsweg eingezeichnet war, wurde dieses immer als Wolke dargestellt, da der eigentliche Weg durch das Internet »verschleiert« also »bewölkt« ist.

Vereinfacht, die Daten gehen rein und kommen auf der anderen Seite irgendwie wieder raus. Alles was dazwischen passiert interessiert nicht, bleibt also im Nebel.

 

Dieses Sinnbild verwendet man nun für die Cloud. Daten liegen irgendwo im Internet gespeichert. Das wie und wo interessieren nicht.

Warum hat man es dann nicht einfach »im Netz« oder »im Internet« genannt?

Es gibt mehrere Arten von Netzen. Da wäre zum Beispiel das Telefonnetz, die Funknetze, Firmennetze und das kleine Netzwerk bei Ihnen Zuhause. Hätte man nun den Begriff »das Netz« verwendet, wäre nie klar gewesen was den nun gemeint ist. Liegen die Daten auf meinem Computer im Heimnetz oder auf dem Server im Firmennetz?

Warum hat man dann nicht einfach den Begriff »Internet« weiter verwendet?

Das hätte man global betrachtet natürlich tun können. Leider lässt sich so etwas nicht mehr als Neuigkeit verkaufen. Der Slogan »Komm ins Internet!« lockt keinen mehr hinter dem Ofen vor. Die meisten von uns sind schließlich schon mit dem Internet verbunden. Somit hat sich der Begriff »Cloud« für das Bereitstellen von Diensten im Internet durchgesetzt.

Was unterscheidet nun aber diese Clouddienste von bisherigen Leistungen im Internet?

Wenn Sie Daten dezentralisiert ablegen wollten, mussten Sie sich irgendwo bei einem Hostinganbieter einen Server mieten auf dem Daten, Mail, Webseiten usw. bereitgestellt wurden. Je nach Leistungsfähigkeit des Servers bzw. der Verbindungsgeschwindigkeit mit dem Internet, kann der Spaß sehr schnell sehr teuer werden. Zwischenzeitlich gibt es sehr viele »Ihre Webpräsenz für 99 Cent pro Monat« Angebote. Im Prinzip waren dies schon immer Clouddienstleistungen, sie hießen nur anders.

Der Anbieter betreibt eine Serverfarm mit einer Unmenge von Rechnern und Festplattenplatz. Diese Umgebungen teilen Sie sich, getrennt durch Sicherheitsvorkehrungen, mit anderen Kunden. Ihre Daten liegen also im Rechenzentrum des Hosters (Serveranbieters). Die heutigen Clouddienste gehen da noch einen Schritt weiter.

So gibt es zum Einen die »Infrastruktur als Service«. Dies bezeichnet vereinfacht die Bereitstellung von Rechnerkapazität und/oder Festplattenplatz bei einem Anbieter. Der Unterschied zu einem Hoster »vor Ort« besteht nun darin, dass diese Anbieter ihre Rechenzentren auf der ganzen Welt verteilt stehen haben und somit selten genau bestimmt werden kann wo die Daten gerade abgelegt sind. Intelligente Programme im Hintergrund sorgen für eine gleichmäßige Last- bzw. Platzverteilung über die verschiedenen Rechenzentren. Einer der bekanntesten »Cloudanbieter« für Plattenplatz ist zum Beispiel die Firma Dropbox. Dort bekommen Sie kostenlos 2 GB Plattenplatz und können dort ihre Daten ablegen. Möchten Sie mehr Plattenplatz, kann dieser entsprechend dazu gekauft werden.

Des Weiteren gibt es noch »Software als Service« wie ihn beispielsweise Microsoft mit »Office 365« anbietet. Hierbei hat man die Möglichkeit durch bestimmte Preisstaffeln verschiedene Softwareprodukte als Webapplikationen zu verwenden, was einem die Installation sowie die Lizenz auf einem lokalen Rechner erspart. Egal an welchem Rechner auf der Welt Sie arbeiten möchten, mit einem Internetzugang wäre dies immer und überall möglich. Gleichzeitig haben Sie Zugriff auf Ihre Dokumente und können somit da weiter arbeiten wo Sie zum Schluss aufgehört haben. Natürlich werden noch weitere Services angeboten, welche aber für die meisten Privatleute keine Rolle spielen.

Im Endeffekt ist die Cloud also nichts anderes als eine anbieterabhängige Wolke im Internet. Eine Wolke in der Wolke sozusagen.

Das Cloudleben klingt auch so verlockend. Notizen überall und jederzeit synchron mit »Evernote«. Alle meine Dokumente, Bilder und Kontakte immer verfügbar bei »Dropbox« oder in Apples »iCloud«. Meine Microsoft Dokumente und Mails immer verfügbar in »Office 365«.

Der Hype um die Cloud ist perfekt. Firmen lagern ihren Datenbestand in die Cloud aus, weil dies angeblich günstiger ist als ein lokaler Fileserver. Der interne Mailserver wandert in die Cloud und dabei wird leicht vergessen, dass nun auch der interne Firmen-Mailverkehr über die Internetleitung laufen muss. All dies muss sehr wohl überlegt und kalkuliert sein. Zu leicht scheint das Leben mit der Cloud.

Über eines sollte man sich auf jeden Fall im klaren sein: Wie viel Sicherheit die Cloudanbieter auch immer versprechen, es muss genau überlegt werden welche Daten man in der Wolke ablegt.

Hier mal ein paar Beispiele von Hackerangriffen aus 2011:

04.2011 Hacker Einbruch bei Sony. Diebstahl von persönlichen Kundendaten.

05.2011 Erneutes Sicherheitsleck bei Sony.

10.2011 Angriff auf Microsoft XBOX Live. Zugang zu einigen Benutzerkonten verschafft.

11.2011 Einbruch auf Valves Online Spiele Plattform.

12.2011 Hacker Angriff auf das US-Sicherheitsunternehmen! Stratfor. Diebstahl von Zugangsdaten für Kreditkarten.

Ich gehe einmal davon aus, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die ersten Angriffsversuche auf Cloudnetzwerke auch Erfolg haben. Die US Regierung behält sich vor, unter bestimmten Umständen auf die Clouddaten von amerikanischen Cloudanbietern (z.B. Microsoft) zuzugreifen. Auch wenn sich diese Daten in Europa befinden. Nun lassen sie mal ihren kompletten Firmen-Mailverkehr über Office 365 laufen. Sind Ihre Daten immer noch sicher in der Cloud aufbewahrt?

Ich möchte diesen Service nicht schlecht reden. So verwende ich zum Beispiel Evernote um alle meine Notizen zwischen den verschiedenen Geräten synchron zu halten und möchte ehrlich gesagt auch nicht mehr darauf verzichten. Jedoch befinden sich in meinen Notizen keinerlei persönlichen Einträge. Keine Kontakte, persönliche Bilder oder Artikel. Sollte sich jemand mein Evernote Konto unter den Nagel reißen, hat er meine gesammelten Notizen über Computerprobleme. Viel Spaß damit.

Argumente für die Cloud

– Gerade kleinere Firmen blicken im Lizenzdschungel von Microsoft nicht mehr durch bzw. haben keine eigene EDV Abteilung. Hier kann ein Auslagern in die Cloud durchaus Sinn machen.

– Immer und überall Zugriff auf die Daten (solange Sie eine Internetverbindung haben).

– Bei Software als Service sind keine lokalen Softwareinstallationen auf dem Rechner mehr nötig, die Programme laufen direkt im Webbrowser.

– Die Kosten lassen sich teilweise besser kalkulieren und leider oft auch besser vertreten als interne Kosten.

Argumente gegen die Cloud

– Grundsätzliche Sicherheit. Selbst wenn ein Einbruch keinen Erfolg haben sollte, kann man nie sicher sein welche Regierung sich gerade durch entsprechende Gesetze Zugriff auf die Daten verschafft.

– Sie sind abhängig von einer Internetverbindung. Eventuell fallen hier wieder zusätzliche Kosten (UMTS) an. Zwar haben manche Programme einen Offline Modus. Für diesen muss man aber oft noch Extra zahlen (z.B. Evernote).

– Glauben Sie nicht, Sie können die Mitarbeiter ihrer EDV Abteilung reduzieren weil Sie bestimmte Dienste in die Cloud auslagern. Eventuell erreichen Sie eine Entlastung, keine Entlassung!

Grundsätzlich sollten Sie sich ganz genau überlegen welche Daten Sie in der Cloud ablegen. Stellen Sie sich nur kurz vor, jemand hätte Ihre Daten in der Cloud gestohlen und könnte diese nun wofür auch immer verwenden bzw. veröffentlichen. Wäre das schlimm? Nein! Na, dann alles in die Cloud.

Bewölkte Grüße

Kurt Waplinger

Nachtrag: Noch während ich diesen Artikel verfasst habe sind zwei Dinge passiert, die hier noch Erwähnung finden sollen.

1. Der Big Brother Award wurde unter anderem der »Cloud« verliehen.

2. Anfang April berichtet Heise, die iPhone-Apps von Dropbox und Facebook seien angreifbar.

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Datum: Mittwoch, 18. April 2012 8:37
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